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steirischer herbst

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Festivalzentrum
Kleine Zeitung - 23.09.2006
Die Business-Sklaven
Mit einem kleinen, aber intensiven Stück startete der "herbst" am Freitag Abend sein Bühnenprogramm: "Tanzen!" - In den sozialen Abgrund.

Komik ist Tragik in Spiegelschrift" hat ein britischer Humorist einmal gesagt. Der Autor Fritz Kater und sein Regisseur Armin Petras beherrschen diese Schreibweise. Sie bewiesen es gestern Abend bei der Uraufführung des Stückes "Tanzen!", dem ersten Theaterabend im "steirischen herbst". Kater schildert die Vorgänge in einer hippen Biotech-Firma. Alles New Economy, alles dynamisch und flexibel. Da passt Inga mit 37 nicht mehr hinein. Ganze sechs Jahre ist sie schon dabei, in einem Hire & Fire-Betrieb eine echte Ewigkeit. Deshalb legt ihr Personal-Coach Bernie einen Knebelvertrag vor, der Inga aller Rechte entledigt und den sie sehr richtig als Vorspiel zu einer kostenneutralen Entlassung erkennt.

Groteske.
Mitten drin Sandra (26), die sportive Trend-Tussi, mäßig motiviert, aber dafür flexibel und wendig, äußerlich auf Hochglanz poliert und deshalb scheinbar unverwundbar in diesem sozialen Splitterwerk. - Armin Petras hat Katers sehr knappen Text zu einer Groteske verdichtet und prügelt sie mit Gitarren-Riff der Gruppe "Hive" atemlos dahin.

Sarkastischer Witz.
Dennoch zeigen seine Figuren alsbald Konturen: Die Globalisierungsverliererin Inga, die auf entwürdigende Weise um einen Rest von Würde kämpft, die fitte Sandra, deren Unbesorgtheit in der Tat ein Mangel an mittelfristiger Perspektive ist. Und Bernie, der neurotische Business-Sklave, der in Wahrheit an seiner Sandwich-position eingeht. - Yvon Jansen, Nicolette Krebitz und Peter Moltzen spielen ihre Parts gleichermaßen exzellent.

Das Kunststück dieser mit dem Berliner Gorki-Theater koproduzierten, eher abrupt endenden Stunde besteht in ihrem sarkastischen Witz, der in der Tradition des hier oft zitierten Buster Keaton steht und der in keinem Moment den Ernst der Lage vergessen lässt. Übrigens: Armin Petras und Fritz Kater sind eine Person. Diese Leistung würde aber auch zweien zur Ehre gereichen.

Frido Hütter