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steirischer herbst

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» 21/09 - 15/10/2006 – steirischer herbst 2006



Festivalzentrum
Kleine Zeitung - 25.09.2006
Poetisches und Bissiges
Der steirische herbst feierte ein feines Auftakt-Wochenende: Zentrale Gestalt dabei war PeterLicht, der für eine kapitalismusfreie Zone sorgte.

Das Künstlerhaus als Leuchtboje: Bunte Lampen an der Fassade locken zum neuen Festivalzentrum des herbst, in dem es zur Eröffnung am Freitag für die große Gästeschar Eintöpfe gab und auch eine Kostprobe von "Lone Twin". Warnten die Briten Gary Winters & Gregg Whelan mit Ukulele, Maracas-Ei und angeblichem Gesang damit vor ihrem Auftragswerk "Nine Years", eine Performance über ihr neunjähriges Querweltein? Offenbar reicht musikalischer Sondermüll für Kultcharakter.

Ein überdimensionaler Stoffhahn krähte "Gesicherte Pensionen statt schlechte Kunstaktionen!" vom Alleebaum, als sich am Samstag vor dem Künstlerhaus fünf umgebaute Wohnwägen inklusive Topfpflanzen zum Ausrücken der "Camp-Show" bereit machten. Drei Wochen lang werden Nomaden auf Rädern bekanntlich durch die Steiermark gondeln und Erfahrungen auf der Kunstarbeiterroute sammeln.

Der Abend hatte mit einem "Concert for Greenland" poetisch begonnen. Die norwegische Truppe "Verdensteatret" zauberte ein Patchwork aus elektronischen Klängen, Bildern, Licht und Schatten in den Dom im Berg - eine faszinierende Reise auf dem Meer, ins Eis.

Die Nacht schließlich gehörte einem, der "die Gegenwart anbohrt". Sein (derzeitiger) Name: PeterLicht. Sein Auftrag: "Sehen, was raustropft, und was machen, was schön ist". Schön war zum Beispiel, wie der blonde Indie-Pop-Poet aus Köln das Künstlerhaus in eine kapitalismusfreie Zone verwandelte. Mit seinen beiden Bandkollegen und den 350 Besuchern sang er "Wir machen uns eben Sorgen über unsere Chancen auf dem Arbeitsmarkt".

Schön bissig und verschwurbelt waren auch die Texte, die der "Sonnendeck"-Flanierer vortrug. Es ging um Nationen, Positionen und Berufe ("Schauspieler sind gar keine Menschen - sie tun nur so"), und auch ein "herbst-Lied" hatte er parat. Es handelte von "zwei großen Flugzeugen, die in zwei große Gebäude reinfliegen".

Das Ende des Abends ließ der fotoscheue Künstler offen. Dennoch bleibt ein runder Eindruck haften von einem Kopfmenschen, der aus dem Bauch heraus singt. Und macht, was schön ist.

Andreas Prückler, Michael Tschida