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steirischer herbst

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» 21/09 - 15/10/2006 – steirischer herbst 2006



Festivalzentrum
APA - 24.09.2006
steirischer herbst: Kunstprozente bei "Campshow" und "Loose Control"
Auftakt der "Campshow Steiermark" - Aktion, Performance, aber kein Theater - Peter Licht begeisterte bei "Loose Control"

Auch abseits der großen Produktionen setzt der diesjährige "steirische herbst" auf die Vermischung von Genres. Bloß keine kategorisierbaren Veranstaltungen, lautet das Motto von Intendantin Veronica Kaup-Hasler. So startete gestern, Samstag, das multimediale Nicht-Theater-Projekt "Campshow Steiermark" mit einer spektakulären Sekt-Taufe. Am späten Abend gastierte der deutsche Songwriter Peter Licht ("Safarinachmittag") im Festivalzentrum in Graz, sein schwer intellektueller Auftritt war der Startschuss zur vierteiligen Reihe "Loose Control".

Die Erwartungen waren nicht besonders groß. So fanden sich gestern gegen 16.30 Uhr lediglich ein paar Dutzend Zuschauer vor dem Grazer Künstlerhaus ein, um am Startschuss des Projekts "Campshow Steiermark" teilzuhaben. 35 Prozent Performance, 15 Prozent Bildende Kunst, 15 Prozent Film und 35 Prozent Aktion heißt es im Programmheft - dass hier Theater gespielt wird, verschweigt die Festivalleitung. Eine spannende Stunde bescherten die fünf umgebauten Wohnwagen dennoch.

Während ein überdimensionales schwarzes Huhn von einer Baumkrone aus Sprüche wie "Gesicherte Pensionen statt schlechte Kunstaktionen" oder "Natur statt Kultur" in die wachsende Menge kreischte, wurden sie getauft: Doris Dziersks "Grüne Ambulanz" etwa, ein durchsichtiger Wohnwagen, der in den kommenden Wochen heimatlose Topfpflanzen durch die Steiermark karrt.

Oder "My Home is my Castle" der britischen Künstlergruppe "plan B performance", die Besuchern einen Einblick in ihr Eigenheim geben wollen und im Gegenzug die Gastfreundschaft der Österreicher testen. Auch das Nestroypreis-gekrönte Theater im Bahnhof ist mit von der Partie: Präsentiert wurde der Prolog einer eigenwilligen Fotolovestory, auf der Steiermark-Tour will man Geschichten der Zuschauer sichtbar machen.

Näher definiert wurde da schon Peter Lichts abendliches Clubkonzert, das immerhin zu 62 Prozent aus Musik bestand, 19 Prozent wurden dem Tanz zugeschrieben, ebenso viel der Party. Dabei hätten ein paar Prozent "Aktion" durchaus dazugepasst. Peter Licht macht es zum Programm, sich nicht fotografieren zu lassen. Zu diesem Zweck wohnen seinen Konzerten auch eigene Securities bei, die das verhindern sollen. Gleich bei der ersten Nummer "Das Ende des Kapitalismus" unterbrach er kurzerhand seine Performance, um einen Kameramann des "steirischen herbst" auf das Verbot aufmerksam zu machen.

Seinen intellektuell hochgradigen und musikalisch stellenweise dünnen Gesang unterbrach der Deutsche immer wieder für gesellschaftskritische Lesungen, einen Höhepunkt des Abends stellte das kollektive Anstimmen des Songs "Wir sind jung und machen uns Sorgen über unsere Chancen am Arbeitsmarkt" dar, dessen Text er zuvor im Publikum verteilt hatte. Im Laufe des Abends entspannte sich der blonde Brillenträger, das Publikum würdigte den anspruchsvollen Abend mit viel Applaus. Die versprochenen 19 Prozent Tanz suchte man im Übrigen vergebens. 19 Prozent "Hirn" hätten wohl besser gepasst.

Sonja Harter