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steirischer herbst

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» 21/09 - 15/10/2006 – steirischer herbst 2006



Festivalzentrum
Kleine Zeitung - 01.10.2006
Der steirische Finanz-Zwerg setzt Zeichen
Zehn Tage "steirischer herbst" sind vorbei. Zeit für ein kleine Zwischenbilanz, vor allem im Bereich der darstellenden Kunst. Die neue Intendantin spielt geschickt mit ihrem Mini-Budget.

Man kann es ja nicht oft genug erwähnen: Zwölf Millionen Euro dürfen die Wiener Festwochen ausgeben, elf Peter Sellars für sein Mozartjahr-Finale "New Crowned Hope". Dieselbe Summe durften die Vereinigten Bühnen Wien mit dem Fendrich-Musical "Wake Up" versenken". - So viel zu den Standards der Hauptstadt.

In der Kulturhauptstadt fällt der Groschen dünner: Knapp drei Millionen hat das einstmals wichtigste Avantgardefestival Europas zur Verfügung, 500.000 weniger als im Jahr zuvor. Doch Veronica Kaup-Hasler pflegt die Einübung ins Unvermeidliche bisher mit Charme und Geschick.


Ausgesetzt sind Zeiten, da eine Zaha Hadid über 200.000 Euro für eine beeindruckend unbrauchbare Bühne ansetzen konnte oder da man mit Größen wie Botho Strauß und Leander Haussmann auf hohem Niveau scheiterte, mit Tomaz Pandur einen Exporterfolg landete oder bei Graz-Combustion Wolfgang Flatz Häuser sprengen ließ.
Schon das dünne Programmheft wirkt wie Arte Povera pur; innen ironisieren handschriftliche Randnotizen und oft verwischte Stempel den finanziellen Zustand des Festivals.
Dessen gern und gut besuchtes Zentrum im hübsch kostümierten Künstlerhaus wiederum zählt zu den angenehmsten Treffpunkten der "herbst"-Geschichte.
Neben einem ansehnlichen, aber nicht "herbst"-eigenen Galerieprogramm zählt bisher vor allem Theater oder was man so nennen mag. Und brennen die Sparflammen.

Aufwandsaskese

"Tanzen!" (wir berichteten) erwies sich als gelungener Versuch, die Kleinheit des Raumes in dramatische Intensität mit sozialer Relevanz zu verdichten.
Weniger Gutes ist von Richard Maxwells "The End Of Reality" zu berichten. Das vorab gelobte Off-Broadway beeindruckte nicht wirklich, offenbar war die Wiederaufnahme in Graz mangelhaft geprobt worden.
"Societas Raffaello Sanzio", die ebenso kultisch verehrte wie künstlerisch oft grenzwertige Truppe, stahl sich mit dem ersten Bild der Produktion "Hey Girl" die restliche Show: Die Entpuppung der Protagonistin ist faszinierend, Alien und Francis Bacon lassen grüßen. Die restlichen 50 Minuten der naiv-abstrakten Frauenpassion variieren zwischen magischen Bildern und Mummenschanz-Verdacht.
Absolute Aufwandsaskese übt die estnische Performance/Tanztruppe um Mart Kangro: "Out Of Functions" beschränkt sich auf erzählte Fährnisse des Alltags und gesamtkörperliche Ausdrucksformen. Während die Italiener mit einer mächtigen Licht- und Soundkulisse aufwarten, ist bei den Esten das Quietschen der Sneakers die einzige Akustikbrücke zwischen sehr stillen Momenten.

Von der Camp-Show, deren skurrile Schwadron derzeit durch die Lande zieht, wird noch gesondert zu berichten sein.

Frido Hütter