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steirischer herbst

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» 21/09 - 15/10/2006 – steirischer herbst 2006



Festivalzentrum
die Presse - 23.09.2006
Fall-Objekte zum Festivalauftakt in Graz
Steirischer Herbst. Irritierende Gegenwartskunst macht mitunter selbst Politiker munter.

Bei der renommierten Grazer "Leit"-Seeing-Tour zum Auftakt vom "steirischen herbst" in der List-Halle konnte man nicht nur Künstler und die neue Intendantin Veronica Kaup-Hasler hautnah erleben und mit Glück (?) ins Fernsehen kommen. Auch Volksvertreter mischten sich unters Volk. Ganz Kunst beflissen, versteht sich. Keine Rede von der nahenden Wahl. Denn dieses zeitgenössische Festival bietet die Kunst der Künste, gerne etikettiert als Avantgarde, auf jeden Fall aber irritierend. Eine politische Pflichtübung also für die hübsch einträchtige, bunte Flotte aus Schwarzen, Roten, Grünen und Blauen.

Die Parkplätze platzten schon eine halbe Stunde vor Beginn aus den Markierungen und die finale Gratis-Ausspeisung aus den Plastikschalen. Prächtig die Stimmung beim Schlendern durch das orange strahlende Foyer in die von Komponist und Installationskünstler Georg Nussbaumer für sein "Schwerefeld mit Luftabdrücken" mit Vitrinen und Windmaschinen bestückte Halle. Man lauscht den elementaren Turbo-Geräuschen und Tatort-Gesprächen von nebenan, sucht vor der Schwerkraft von der Decke geworfener Gegenstände Zuflucht beim Nachbarn. Der der vom "phantastischen und erfrischenden" Festival-Auftakt schwärmende Staatssekretär Franz Morak ist und nichts vom diesjährigen "herbst"-Sparbudget von drei Millionen Euro hören will. "Man soll nicht immer mit Geld messen. Lockenhaus hätte gerne drei Millionen." Begeistert auch Landeshauptmann Franz Voves, weil es "ein wirklich lebendiger, kommunikativer Einstieg ist, wo sich die Menschen bewegen, unterhalten, über die herabfallenden Utensilien diskutieren und man nichts deuten können muss, weil einem die Assoziationen frei stehen. Eine der lebendigsten, lustigsten ,herbst-Eröffungen'".

Welche Fall-Objekte würde Kulturlandesrat Kurt Flecker aus den Nussbaumer-Vitrinen mitnehmen? "Den Endiviensalat und die Kartoffeln." Neo-Intendantin Kaup-Hasler fällt sichtlich ein Stein vom Herzen. Gut gehe es ihr jetzt nach der "sehr offenen Zuschauerreaktion" und dem spannenden Moment, "das Konzept nun visualisiert erlebt zu haben".

Auch wenn der passionierte Festivalkenner und immer "auf Neues neugierige" Grazer Alt- Bürgermeister Alfred Stingl die Präsentation selbst als "nicht sehr aufregend" empfunden hat, glaubt er, "dass das Gesamtprogramm vom ,steirischen herbst 2006' es schaffen wird, sehr junges Publikum anzusprechen".

Sein Kompliment an die Intendantin: "Lockerheit statt steifer Reden und lebendiges Miteinander in Zeiten zunehmender Sprachlosigkeit sind ein begrüßenswertes Regiekonzept des herbstes", der erfreulicherweise in der List-Halle einen geeigneten Ort gefunden habe. Ob die freundlich legere Atmosphäre beim Auftakt ein Omen für den weiteren Verlauf unter neuer Ägide ist? Hoffen durften es jedenfalls die Besucher.
Elisabeth Willgruber