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steirischer herbst

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» 21/09 - 15/10/2006 – steirischer herbst 2006



Festivalzentrum
Falter - 04.10.2006
Lichten fichten lauschen
MUSIK Beim musikprotokoll, das diese Woche den Schwerpunkt des steirischen herbstes bildet, hat Veränderung Tradition.

Als am 23. September 1968 im Stefaniensaal mit György Ligetis Chorwerk "Lux aeterna" das musikprotokoll eröffnet wurde, begann nicht nur für die Neugierigen unter den Besuchern klassischer Konzerte eine neue Ära. Fristete zeitgenössische Musik bis dahin in Österreich ein Nischendasein, so war sie nun zum ersten Mal öffentlich und bewusst subventioniert vorgestellt worden. Damals waren die Aufführungen von Werken Ligetis, Pendereckis - ihm war 1969 ein großes Chor-Orchesterkonzert gewidmet - oder Friedrich Cerhas, dessen "Spiegel VI" auch 1969 in Graz aus der Taufe gehoben wurde, revolutionäre, mutige Taten. Dass deren Werke inzwischen zu den Klassikern der Moderne mitsamt Aufführungsehren bei den Salzburger Festspielen gehören, hätten sich damals die Hörer und so manch peinlich berührter Kritiker-Papst wohl kaum vorstellen können.


Wie der steirische herbst selbst ist das vom ORF veranstaltete musikprotokoll heuer im 38. Jahr angelangt. Und während der herbst sich mit neuer Intendantin wieder einmal neu zu erfinden versucht, hat das musikprotokoll mit dem Ö1-Musikredakteur Christian Scheib seit 1995 denselben Programmgestalter. Was die Zusammenarbeit mit dem herbst und Intendantin Veronica Kaup-Hasler betrifft, ist Scheib voll des Lobes: "Die Konzeption hat in einem betont offenen Austausch stattgefunden. Das ist keine Klage über frühere Intendanten. Aber es führt nun dazu, dass es - mehr als in den vergangenen Jahren - Verstrebungen quer durch das ganze Festival gibt." So war schon das Eröffnungskonzert eine Veranstaltung des musikprotokolls. Und wie bei Georg Nussbaumers "Schwerefeld", ist es dem Programmmacher auch sonst ein Anliegen, die althergebrachten klassischen Konzertrituale aufzubrechen. Am Donnerstag, wenn das eigentliche, dicke musikprotokoll-Wochenende beginnt, steht dafür in der List-Halle exemplarisch "fichten" von Klaus Lang. Während das Orchester recreation für die Hörer unsichtbar bleiben wird und einen einzigen Ton umspielt, wird das Publikum, mit Lichtspielen beglückt, das Ganze liegend erleben können. Dunkel geht es hingegen in der subsonischen Welt von Francisco López zu, dessen Werk "untitled 10/2006" sich im Congress formieren wird. "Ich finde es immer am spannendsten, wenn es gelingt, ein akustisches Ereignis mit sozialen und optischen Vorgängen zu verknüpfen", sagt Christian Scheib.

Natürlich gibt es auch Konzerte im "klassischen" Ablauf - die Musiker auf dem Podium, die Zuhörer andächtig in die Sitzreihen gebannt: Wenn das RSO-Orchester in der Helmut-List-Halle aufspielt oder wenn Musik von Georg Friedrich Haas in der Alten Universität erklingt. Aber sonst soll das musikprotokoll auch weiterhin in Fluss bleiben. Christian Scheib: "Das Einzige, das sich hoffentlich nie ändert, ist, dass sich alles ändert im Lauf der Zeit."

Johannes Frankfurter