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steirischer herbst

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» 21/09 - 15/10/2006 – steirischer herbst 2006



Festivalzentrum
Kurier - 30.09.2006
Freud und Leid mit Sicherheit
Rätselrallye steirischer herbst

Wer Sicherheit will, braucht Kontrolle, und wo kontrolliert wird, wird es eng. Eine Spurensuche beim Grazer Festival.

Der steirische herbst ist ein Festival, das sich seit fast 40 Jahren zeitgenössischen Strömungen in der Kunst verschreibt. Und er ist ein Festival, das sich immer wieder neu erfindet - zumindest bei jedem Intendantenwechsel. Heuer verantwortet das Programm erstmals Veronika Kaup- Hasler. Ihre Themen kreisen im weiten Sinne um das Streben nach Kontrolle und Sicherheit.

Dass die Neo-Intendantin vorher das Festival Theaterformen in Braunschweig und Hannover geleitet hat, merkt man an zwei Faktoren: Theater hat einen hohen Stellenwert - wobei der Theaterbegriff weit gefasst und übergreifend ist. Deshalb tragen Ausstellungen und Produktionen Stempel, auf denen dann z. B. steht: 33 % Installation, 33 % Theater, 33 % Musik. Schelmisch.
Wie sieht das nun in der Praxis aus: Die Grazer Galerien sind heuer nicht einbezogen - das sorgt, zuungunsten der Vielfalt und der Präsenz im Stadtbild, für höhere Konzentration. Dafür wurde das Künstlerhaus von Stephen Craig zum ziemlich coolen Festivalzentrum umgestaltet. Eine gut angenommene Idee.

Blutauffrischung
Vornehmlich "junge" Acts - wie etwa von Peter Licht - sorgen dort für Blutauffrischung. Seltsam volkstümelnd hingegen geriet am Vorplatz die Wohnwagen-Taufe zur "Camp Show Steiermark". Ein Projekt, das sich hoffentlich noch steigert.

Zwei Theaterprojekte greifen das Thema "Kontrolle zu Gunsten der Sicherheit" punktgenau auf: "Tanzen!" von Armin Petras/Fritz Kater und "The End Of Reality" von Richard Maxwell.
Erstere Produktion bringt Kapitalismus und Jugendwahn in einem Konzern süffisant und spielfreudig auf den Punkt. Maxwells Story über eine Überwachungsfirma und deren Störung hingegen passt zwar thematisch, lässt aber an der Entwicklung des Off-Off-Broadway-Stars (ver-)zweifeln: Platter, humorfreier Bühnenrealismus, der oft ungewollt komisch wirkt.

Grenzen sprengt die Gruppe Verdensteatret. Da ist gar nichts sicher. Im Dom im Berg ist ihr "Concert for Greenland" im großen, theatralen Stil zu sehen; im Kunsthaus Graz läuft eine Installation dazu. Eine hochkomplizierte Angelegenheit, die von einer zukünftigen Vergangenheit berichtet - bei der Installation wird, über die Technik hinaus, die große Liebe zum Projekt spürbar.

Der Kunstsektor gleicht, abgesehen von den bereits im KURIER besprochenen Beiträgen im Kunsthaus und in der Neuen Galerie, einer Rätselrallye mit hohem Theorie- und niedrigem Erlebnis-Anteil. Im Forum Stadtpark und im Medienturm gibt es interessante Einzelpositionen, die Gesamt-Intentionen sind aber schwer greifbar. Ein feiner Lichtblick tut sich im vom grazer kunstverein bespielten Palais Thienfeld auf. Im schicken Baustellen-Ambiente werden ambitionierte Arbeiten präsentiert, die die Auswirkungen von Sicherheitsbestrebungen thematisieren.

Caro Wiesauer