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steirischer herbst

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» 21/09 - 15/10/2006 – steirischer herbst 2006



Festivalzentrum
Kronen Zeitung - 06.09.2006
"Krone"-Interview mit "herbst"-Intendantin V. Kaup-Hasler: Neue Ära mit "verkürzten Beinen"


Am 21. September startet der "steirische herbst" in eine neue Ära. Das Festival 2006 ist das erste unter der Leitung von Veronica Kaup-Hasler. Die studierte Theaterwissenschafterin und Dramaturgin, zuletzt Leiterin des Festivals Theaterformen in Hannover und Braunschweig, steht im Premierenjahr vor einigen Herausfordungen: Das Festival-Budget ist merkbar gekürzt, die Erwartungshaltungen ungebrochen hoch.

Das Festival-Programm trägt zum Teil die Handschrift einer "Theater-Macherin". Kaup-Hasler: "Die Intention war, ein ausgewogenes Programm zu machen. Aber es stimmt, es gibt mehr darstellende Kunst als in den vergangenen Jahren. Der herbst soll hier innovative Theateransätze präsentieren." Die Neo-Intendantin sieht ihre Aufgabe nicht darin, "klassisches Literaturtheater" zu zeigen. "Wir spannen einen Bogen von Aufführungen, die noch eher beim Literaturtheater stehen über Performance-Kunst, wie die Lone Twins aus England, bis zum rätselhaften Bildertheater von der Societas Raffaello Sanzio."

Den Kontakt zur lokalen Kulturszene pflegt Kaup-Hasler intensiv: "Ich habe mir viel angeschaut. Wir haben mit den herausragenden Institutionen gesprochen, um herauszufinden wie unabhängig oder wie gemeinsam wir agieren können." Dabei stand das gemeinsame Entwickeln von Inhalten im Vordergrund: "Die Kollaboration ist wichtig, der Gedanke der Zusammenarbeit." Sie ist sich bewusst, dass solche Kooperationen für die gesamte regionale Seite nie restlos zufriedenstellend sein können. Vor allem angesichts des Anspruchs, internationale Strömungen zu zeigen. "Abgehoben vom Ort sollte man aber nicht existieren."

Dass der "herbst" in seiner Geschichte vor allem über den "Umweg" sogenannter "Skandale" in die öffentliche Wahrnehmung gerückt ist, ist ihr klar. Skandale "plant" sie aber natürlich nicht: "Es gibt ein Denken in Notwendigkeiten. Man zeigt Kunst, die man für notwendig erachtet. Aber vielleicht produzieren wir gerade einen Skandal, ohne dass ich das weiß, vielleicht wird ja die Eröffnung als Skandal empfunden. Es wird hier nicht viel Repräsentatives passieren. Georg Nussbaumer setzt eine visualisierte Partitur mit fallenden Gegenständen und Windmaschinen um. Vielleicht produziert ja das Stille, das viel Aufmerksamkeit erfordert, heute den Skandal stärker als das Laute, Schrille. Das Skandalöse ist das Brechen von Erwartungshaltungen, vielleicht ist der Nicht-Event der wahre Skandal."

Über die Kulturpolitik gibt es für die Intendantin derzeit keine Klage, obwohl sie in den nächsten vier Jahren mit 300.000 Euro weniger als ihr Vorgänger auskommen muss: "Gemeinsam mit Stadt und Land haben wir einen Neuanfang zusammengebracht. Wir stehen auf kürzeren, aber doch breiten Beinen." Obwohl das Festival vergleichsweise "irrsinnig mager dotiert" sei. Koproduktionen sind auch finanziell unbedingt notwendig: "Mit meinem Ausstellungsbudget würde ich gerade einmal eine einzige Ausstellung zusammenbringen."

Dass dem "herbst" für die Stadt immense Bedeutung zukommt, davon ist sie überzeugt: "Der herbst ist europaweit einzigartig. Die Orte der Kunst-Produktion und des Risikos verschwinden. Und die Stadt als Marke lebt von ihrem kulturellen Reichtum. Graz hätte viel zu verlieren."


Martin Gasser