wukonig.com



steirischer herbst

» Fr 13/10 & Sa 14/10 – Wörterbuch des Krieges

» 21/09 - 15/10/2006 – steirischer herbst 2006



Festivalzentrum
Kronen Zeitung - 24.09.2006
Ein "kontrollierter" Rundgang


Kontrolle, Kollaboration und Teilhabe - diese Themen des "steirischen herbst" 2006 bestimmen auch die Ausstellungen, die in Kooperation mit den Grazer Galerien entstanden sind. Wir bieten hier einen kurzen Überblick:

Das wohl spannendste Experiment zeigt das Grazer Kunsthaus, das vorübergehend zum Gutshaus Kranz mutiert ist, mit "Protections", wo im Untertitel explizit darauf verwiesen wird, dass es sich hierbei um keine Ausstellung handelt. Vielmehr werden in drei im Kunsthaus aufgebauten Fertigteilhäusern und zahlreichen Bühnen dazwischen Performances und Installationen geboten. Was genau draus wird, können selbst die Kuratoren Christine Peters und Adam Budak erst am 22. Oktober sagen, wenn "Protections" abgeschlossen sein wird.

Mit dem Thema Sicherheit und Abschottung befasst sich der Kunstverein im Palais Thienfeld, in einem Richtung Mariahilferstraße geöffneten, zugigen Raum, den Kurator Sören Grammel bewusst so ungemütlich haben wollte. Hier werden alte Stiche von Grazer Festungsmauern schematisierten Darstellungen moderner Flüchtlingslager gegenübergestellt. Die Bollwerke auch innerhalb einer Gesellschaft, die Separierung und Ghettobildungen sind ebenso Thema wie der Aspekt Sicherheit im größten Rückversicherungskonzert der Welt.

Ghettoisierungen behandelt auch die Neue Galerie. Die Ausstellung "Slum" beschäftigt sich mit den sozialen Folgen der vor allem in Asien rasch wachsenden Mega-Cities. Dort hält das Angebot an Arbeit mit dem rapiden Wachstum der Städte nicht Schritt, es folgen Verelendung und Slumbildung. Ein Phänomen, das sich auch nach Europa schleicht, wie etwa Fotos von El Perro Santiago Diaz aus einem Madrider Viertel dokumentieren. Diese Werke sind - ebenso wie Guy Tillmims Arbeiten über afrikanische Landarbeiter - stark an die Ästhetik von Reportagen angelehnt. Auffälliger Blickfang im Hof: Die "Slum People" von HA Schult, mit denen der Künstler durch die Welt tourte - Menschen aus Abfall als soziale Anklage gegen Verelendung und Versklavung.

Zur Komplizenschaft mit Bildern äußert sich die "Camera Austria" mit der von Maren Lübbke-Tidow und Rainhard Braun kuratierten Ausstellung "Knowing you, knowing me", einer faszinierenden Studie über die (durchaus gewollte und gezielt eingesetzte) öffentliche Darstellung des Privaten. Da darf ein TV-typisches "Geständnis-Video" von Mark Raidpere ebensowenig fehlen, wie Thomas Feuersteins zynische Serie "Amnesie International" oder aktuelle Arbeiten von G.R.A.M., Marco Poloni, Rainer Oldendorf, Andrea Gayer und Sharon Hayes.

Im Kunstverein Medienturm zeigen die Kuratoren Sandro Droschl und Marius Watz in "Further Processing" spannende und mitunter interaktive Arbeiten, die auf der leicht zugänglichen Programmiersprache "Processing" basieren.

Das Forum Stadtpark widmet sich in "No space is innocent!" den politischen, privaten, architektonischen, zeitlichen, identitätsstiftenden Räumen - und hinterfragt die Kuratoren-Macht. Dazu gibt es ein umfangreiches, international besetztes, theoretisches, musikalisches und filmisches Rahmenprogramm.

Das "Arbeiten" steht dann im Grazer Haus der Architektur im Mittelpunkt, wo zur Ausstellung ein längerfristig angelegter Schwerpunkt mit Vorträgen und Veranstaltungen auf den Besucher wartet.

Der "steirische herbst" bietet eine Reihe von geführten Ausstellungs-Rundgängen an, etwa heute, Sonntag, von 15 bis 17.30 Uhr. Treffpunkt: Forum Stadtpark. Informationen gibt es unter
www.steirischerherbst.at oder unter 0 316/81 60 70.

Michaela Reichart und Martin Gasser