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steirischer herbst

» Fr 13/10 & Sa 14/10 – Wörterbuch des Krieges

» 21/09 - 15/10/2006 – steirischer herbst 2006



Festivalzentrum
der Standard - 16.10.2006
Die Demaskierung von Begriffen Theorie-Höhepunkt am "herbst"-Ende: Wörterbuch des Krieges


"Wir agieren wie Ameisen-Armeen, wie ein Haufen von Tieren": Das ist nur einer der Schlüsse, die Peter Fend, der Künstler und Vorstand der Ocean Earth Construction and Development Corporation , die er 1980 gründete, aus seinen jahrzehntelangen Auswertungen von Satellitenbildern von politischen Krisenregionen wie dem Persischen Golf zieht. Der in Deutschland lebende Amerikaner spricht von seiner Arbeit nicht als Theorie, sondern als Entdeckung: Jeder Krieg sei nämlich letztlich auf die Grenzen von Wasserscheiden und Meeresbecken zurückzuführen. Auch der jeweilige Ausgang von historischen Schlachten wie jenen von Waterloo, Verdun oder Stalingrad sei über dieses System "vorhersehbar".

Fend sprach innerhalb des 100 Begriffe umfassenden Wörterbuch des Krieges , das der steirische herbst in der bunkerhaften Atmosphäre im Grazer Dom im Berg situierte, über den Begriff "Territory". Seine "Vorhersagen" über künftige Interventionen der USA im Iran riefen auch schon die UNO auf den Plan. Dabei will Fend - der seine Vorträge mit Stapeln von abgerissenen Landkarten illustriert - "nur" eines: "Mit der Veröffentlichung von Informationen und der harmonischen Nutzung von Satellitendaten weitere sinnlose Tote verhindern."

Diese Entschlüsselung - wenn man so will Demaskierung und letztlich Neudefinition - von Begriffen ist auch das Ziel des Wörterbuches, das die Künstlergruppe Unfriendly Takeover und die Netzaktivisten Multitude e. V. für den "herbst" konzipierten. Je 25 Begriffe wurden bereits in Frankfurt, München und nun in Graz von internationalen Wissenschaftern und Künstlern durch Performances, Lesungen oder Filme definiert. Die letzten 25 kommen im Februar in Berlin dran. Publikationen im Netz und im Merve-Verlag folgen.

Wer rund 13 Stunden am Freitag und am Samstag durchhielt, wurde mit großteils spannenden und sehr unterschiedlichen Beiträgen belohnt. Vollständigkeit war dabei nicht notwendig. "In einem Wörterbuch kann man auch einzelne Begriffe für sich nachschlagen, man muss es nicht durchlesen, um es zu verstehen", erklärt Wörterbuchmacher und Festivaldramaturg Florian Malzacher.

Colette M. Schmidt